In der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) haben die Kassen ihre Versicherten grundsätzlich mit Arzneimitteln, Heilmitteln und Hilfsmitteln (z.B. mit einem Hörgerät; das unter Umständen aber auch zu 100% von der Rentenversicherung bezahlt wird) zu versorgen.
Die Krankenkassen erbringen diese Leistungen aber nicht selbst, sondern bedienen sich dazu zugelassener Leistungserbringer (z.B. Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Apotheken, Sanitätshäuser). Die Rahmenansprüche der Versicherten werden durch die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) konkretisiert, der Inhalt und Umfang des Leistungskataloges der gesetzlichen Krakenkassen festlegt.
Ausnahmsweise besteht aber auch ein Anspruch auf eine Leistung, die eigentlich gar keine Leistung der gesetzlichen Krankenkasse ist, z.B. ein bestimmtes Arzneimittel, das für die konkrete Behandlung nicht zugelassen ist (sog. "off-label-use"). Der Arzt darf das Medikament also normalerweise weder verordnen noch abrechnen.
Für selbstbeschaffte Leistungen besteht ein Anspruch auf Erstattung der verauslagten Kosten (Kostenerstattungsprinzip), wenn ein entsprechender Antrag des Versicherten zu Unrecht abgelehnt wurde, sog. Systemversagen.
AKTUELL: Volle Kostenerstattung für Hörgeräte!
Muss die Krankenkasse Hörgeräte voll bezahlen? Mit dieser Frage hatte sich das Bundesozialgericht erst kürzlich zu befassen. Die Antwort: „ … in bestimmten Fällen schon“, d.h. auch über einen Festbetrag hinaus.
Bisher haben die Krankenkassen für Hörgeräte zumeist lediglich einen pauschalen Betrag (Festbetrag) gezahlt, obwohl die Kosten für z.B. ein digitales Hörgerät deutlich darüber lagen. Die Differenz musste aus eigener Tasche bezahlt werden.
Mit Urteil vom 17.12.2009 hat das Bundessozialgericht (BSG) diese Festbetragsregelungen der Krankenversicherung zur Hörgeräteversorgung in Frage gestellt. Ein nahezu ertaubter Versicherter hat für die Versorgung mit einem besonders hochwertigen digitalen Hörgerät gegen seine Krankenkasse einen weiteren Betrag i. H. v. 3.073 EUR geltend gemacht, nachdem diese lediglich einen Betrag von 987,31 EUR übernommen hatte.
Das BSG hat klargestellt, dass die Krankenkassen für die Versorgung mit solchen Hörgeräten aufzukommen hat, die nach dem Stand der Medizintechnik die bestmögliche Angleichung an das Hörvermögen Gesunder erlauben und gegenüber anderen Hörhilfen erhebliche Gebrauchsvorteile im Alltagsleben bieten.
Daran müssen dann aber auch die Festbeträge in der Hilfsmittelversorgung ausgerichtet sein. Hier ist jedoch festzustellen, dass für die Festbeträge oft ein geeignetes Hörgerät, das zum bestmöglichen Behinderungsausgleich führt, überhaupt nicht zu erwerben ist.
Festbeträge sind Höchstzuschüsse, die die Krankenkassen ihren Versicherten für bestimmte Hilfsmittel zahlen. Das BSG stellte diese Regelung als solche nicht in Frage. Sie dürfe die Leistungspflicht der Krankenkassen aber nicht begrenzen, wenn der Festbetrag für den Ausgleich «der konkret vorliegenden Behinderung objektiv nicht ausreiche». Ob das der Fall sei, richte sich nach den Versorgungsanforderungen der jeweils betroffenen Gruppe von Versicherten.
Eine Überprüfung der Festbetragsregelungen ist nach diesem Urteil, dass auch Auswirkungen für Versorgung anderer behinderter Kassenpatienten hat, angezeigt. Versicherte sollten gegenüber ihrer Krankenkasse auch die Kosten geltend machen, die bislang aufgrund der geltenden Festbeträge nicht übernommen worden sind.